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LAGUNA in Spanien: Vom Style und Figuration zur abstrakten organischen Malerei

, by Katia Hermann

Jungen Jahre mit Filmen, Comics und Zeichnungen

Der spanische Künstler LAGUNA wurde 1979 in Alcázar de San Juan (Ciudad Real) geboren und zog nach Almagro, als er 2 Jahre alt war. Er wuchs dort auf und lebt heute in Valdepeñas, Madrid und Almagro. Seine Kindheit war voller Neugierde, er spielte mit Freunden aus der Nachbarschaft und sah sich viele Filme an. Schon in jungen Jahren zeichnete LAGUNA jeden Tag, vor allem während des Schulunterrichts. Seine Vorstellungskraft außerhalb des Unterrichts kollidierte mit den Informationen, die er im Unterricht erhielt, sagt er heute, also zeichnete er im Unterricht, um seine Fantasie dort einzubringen. In seiner Kindheit zeichnete er viele Film- und Fernsehfiguren und seine eigenen figurativen Erfindungen. Sein Vater hat immer gezeichnet und gemalt, war als Fotograf und Filmemacher tätig und hat Super-8-mm-Filme geschnitten. Seine berufliche Tätigkeit war eine andere, aber ihn zu sehen, wie er zu Hause kreativ war und malte, hat LAGUNA sehr inspiriert, ebenso wie sein Onkel Paquito, der die gleichen künstlerischen Aktivitäten wie sein Vater ausübte. Neben seiner Leidenschaft für Filmen, las LAGUNA ab 1983/1984 auch sehr gerne Comics. Etwas später entdeckte er Graffiti-Writing durch Filmkulissen in Hollywood-Filmen der 70er/80er Jahre (The Warriors, Death Wish…), sowie durch Musikvideos. Bei seinen ersten Besuchen in Madrid in den 80er Jahren sah er Graffiti Pieces in der Stadt, die einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterließen. Zu Beginn der 90er Jahre malte er Buchstaben als Hintergrund für seine Zeichnungen, die ab 1993 seine Zeichnungen zu dominieren begannen. 1994 verkaufte er seinen Klassenkameraden Zeichnungen ihrer Namen, die er mit Stiften und Markern in Farbe angefertigt hatte, und für je 12 € verkaufte, eine Menge Geld damals, erinnert er sich heute. 1995 malte er sein erstes Wandbild, nachdem er zwei Jahre lang Dosen in Baumärkten gekauft hatte. Sein erster Name war Fox, später Noah, Senko, Khoie, Kobe, und seit 1999 LAGUNA. In den Anfängen malte er allein um 4 Uhr morgens an einer verkehrsreichen Almagro-Wand. Es war anstrengend, und als er um 7 Uhr morgens fertig war, setzte er sich auf den Bahnhof und wurde manchmal von Erwachsenen gefragt, was er dort allein mache. Er beschloss, an viel weniger sichtbaren Orten zu malen und begann, sich in verlassene Gebäude und Abstellgleise seiner Stadt zu begeben. Er erinnert sich, dass Writer aus Ciudad Real kamen, um ihn dort zu suchen.



Inspirationen durch Style Writer und Kino

Heute erinnert sich LAGUNA an die Arbeiten anderer Writer, die ihn in seinen Anfängen beeinflusst haben, wie die Pieces von BLANDY, dem ersten soliden, reinen und originellen Stil von Ciudad Real. Auch an Psiko/Piko, der im Alter von 16 Jahren die Kontrolle über Ciudad Real übernahm und der sauberste Stil war, den Spanien hatte, erinnert sich heute LAGUNA. Es gab auch MAST aus Madrid, den originellen Crime king Spaniens, und Kafre, Mitglied der ‚Ovejas Negras‘ (ONG) aus Barcelona. Eine Crew, die laut LAGUNA eine der fortschrittlichsten ihrer Zeit war. Es gab auch den Writer Sex69 (El niño de las pinturas) aus Granada, der durch seinen Lebensstil und seinen einzigartigen Graffitistil beeindruckte. LAGUNA selbst war Teil der Crew Art 626 Crew Worldwide only, ein sozialer Club, wie er ihn heute nennt. Tagging war und ist sehr wichtig und wird Teil deiner grafischen DNA, merkt der Künstler an. Er zeichne immer noch regelmäßig, sei aber vor allem ein Maler, erklärt er, und er studierte auch nicht Kunst, sondern ist Autodidakt wie sein Vater. Seine eigene akademische Ausbildung war das Kino, die Kinematographie, sagt er. Mit der Filmkunst habe er gelernt, sequentiell zu malen und mit einem einzigen Bild eine Geschichte zu erzählen. „Ich interessiere mich nicht für künstlerische Bewegungen oder Gruppen, sondern für künstlerische Interpretationen von Individuen“, fügt er hinzu. « Alles ist inspirierend ». Der spanische Architekt, Stadtplaner und Maler Miguel Fisac Serna (1913-2006) hat ihm einige Geheimnisse der Kunst vermittelt sowie auch die Unterschiede zwischen Kunst und Industrie.



Entwicklung der Bildsprache und Arbeitsmethoden

LAGUNA hat schon immer gerne an Orten gemalt, an denen er allein ist, nur mit Tieren, die ihn beobachten und darauf warten, dass er endlich geht. Er reiste viel, um in anderen Städten zu malen. Zu Anfangs malte LAGUNA Characters, Figuren und menschliche Gesichter, neben Buchstaben, in einem malerischen Stil und nicht so sehr auf der Grundlage von Comics. Später, 2004, begann er, Wände an verlassenen Gebäuden in verschiedenen Städten zu bemalen, und schaffte Wandbilder mit figurativen Szenen, menschlichen Figuren und Tieren. Nach 2010 entwickelte sich sein figurativer Stil zu einem mehr von der Linie geprägter Stil, die Formen der Figuren dehnten sich aus und wirkten fantastischer und surrealistischer. Danach begann er, die Figuration zu dekonstruieren und schuf einen halb abstrakt-figurativen Stil mit schwebenden Formen in farbenfrohen Kompositionen. In dieser Zeit war die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern sehr verbreitet. Vor allem mit seinen Freunden Emilio Cerezo und Salvaje Selva malte er regelmäßig gemeinsam Wandbilder und macht dies auch heute noch. Nach 2018 entwickelte sich sein malerisches Werk in Richtung Abstraktion, in der nur noch gelegentlich figurative Elemente auftauchen. Befreit von der Repräsentation gelang es LAGUNA eine spielerische abstrakte Bildsprache zu entwickeln, mit geschichteten Formen und Texturen und mit vielen Nebeneinanderstellungen. Durch das Spiel mit transparenten und undurchsichtigen Farben und Texturen, zerrissenen oder aufgelösten Oberflächen, schafft der spanische Maler abstrakte Kompositionen sowohl mit Tiefe als auch mit Leichtigkeit.



LAGUNA arbeitet mit verschiedenen Techniken und Werkzeugen und ist der Meinung, dass die verfügbaren Werkzeuge ihm jeden Tag einen anderen Weg weisen. Die bemerkenswerteste Technik, die er entwickelt hat, war das Mischen von Plastikfarbe mit Aerosol in den späten 90er Jahren. Er hat immer alles ausprobiert, Schritt für Schritt, und verbessert sich mit DIY-Methoden und Experimentierfreudigkeit. Freestyle ist für ihn sehr wichtig, denn das Leben ist ein Freestyle (sagte Blandy einmal). Bei der Farbauswahl arbeitet er mit Intuition und wählt unter den Farben aus, die er gerade zur Verfügung hat. Er kauft nichts Bestimmtes, sondern arbeitet mit dem, was in seinem Atelier noch vorhanden ist. Um neue Formen und Kompositionen zu entwickeln, findet er alles in seinem Unterbewusstsein, erklärt er. Die Abstraktion war in seiner Malerei immer latent vorhanden, obwohl sie erst Ende der 00er Jahre deutlich wurde. Und er mag es eh nicht, sich auf ein Genre zu beschränken oder sich selber einzuschränken. Normalerweise malt er 2 bis 3 Mal pro Woche an Wänden. Was die Größe einer Wand angeht, sagt er, wenn man die Barriere eines großen Formats (in seinem Fall in 2005) überwunden hat, gibt es keine Barrieren mehr.



Für den spanischen Maler gibt es keine Unterschiede zwischen seinen Wandmalereien und seinen Studioarbeiten. Die Techniken sind die gleichen, aber er kann an der Wand kompliziertere Werkzeuge verwenden, wie zum Beispiel auch mal eine Airbrush. Seine Arbeiten an der Wand beeinflussen seine Atelierpraxis und umgekehrt, es gibt für ihn also keine Restriktionen oder Grenzen zwischen Wand- und Atelierarbeiten. In seinen neuesten abstrakten Malereien auf Wänden, Papier und Leinwand werden Formen und Texturen wie in einer Collage nebeneinander gestellt. Durch das Spiel mit transparenten und undurchsichtigen Farben und Texturen, zerrissenen oder aufgelösten Oberflächen, die in vielen Schichten aufgetragen werden, schafft er abstrakte Kompositionen mit dunklen Tönen und Tiefe und zugleich hellen Stellen mit Leichtigkeit. Er mischt verschiedene Techniken, integriert Flecken oder Linien mit Sprühfarbe, fügt gestische Linien, Umrisse, Wischspuren und Aerosole auf Leinwand oder Papier hinzu, wobei die Ästhetik an seine Post-Graffiti-Praxis im Freien erinnert. Einige Formen im Vordergrund könnten als figurative Motive wahrgenommen werden, wie organische, pflanzliche, wachsende Elemente. Seine Farbpalette ist manchmal zurückhaltend und zart mit Schwarz-Weiß-Kontrasten und Grautönen, wodurch Kompositionen voller sinnlicher Eindrücke entstehen. Die verschiedenen Texturen und Materialitäten, die sich in vielen Ebenen überlagern, schaffen haptisch lebendige Bilder, bei denen die Augen des Betrachters Zeit brauchen, um die Oberfläche abzutasten und die reiche Materialität seiner Kompositionen zu genießen, die auf gewisse Art zu schweben scheinen. Nach Angaben des spanischen Malers LAGUNA ist seine eigene künstlerische Entwicklung über fast 30 Jahre eine völlig organische und ein „freier Trip“ seit 1999.


instagram.com/laguna626


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Katia Hermann
French-German art historian, curator and writer. After her studies of art history and cultural management in Paris, Katia moved to Berlin in 2001. For twenty years, she has worked as a freelance exhibition-maker/curator, cultural manager, writer and translator. After working for documentary film- and exhibition productions, she curated thematic exhibitions of modern & contemporary art and photography for institutions, project spaces and galleries. She always endeavors to promote artists with contemporary relevant topics, new visual languages, and tries to mediate to a wide public. After her research grant for fine arts with the topic Urban Art Berlin (Berliner Senate Department of Culture and Europe) in 2017, she initiated and coordinated the Urban Art Week in Berlin in 2018 and 2019. The photo exhibition BERLIN: WRITING GRAFFITI started 2019 to tour to Brussels with a publication. Beside her curatorial practice, Katia gives art tours and writes about urban art, contemporary art, and in particular about post-graffiti painters for magazines and blogs.

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