„POLYPTYCHONSZ“, Malerei von HOWTOKILLAGRAFFITI
„POLYPTYCHONSZ“ ist der Titel der aktuellen Einzelausstellung des Berliner Malers HOWTOKILLAGRAFFITI, die das Ergebnis einer viermonatigen Winterresidenz von Januar bis April 2022 in den Ausstellungsräumen der Urban Spree Galerie ist. Der Künstler präsentiert eine neue Serie großformatiger Gemälde, geschaffen mit einer Mischtechnik aus Öl, Sprühfarbe und teilweise mit Kohle auf Leinwand. Dabei hat er sich für verschiedene Großformate entschieden, die an den Galerieraum angepasst sind und auf ein, zwei oder sogar vier Leinwand-Paneelen gemalt wurden. Die Präsentation von u.a. drei Diptychons und einem Quadriptychon führte zu dem Titel dieser beeindruckenden Ausstellung, die in nur 16 Wochen realisiert wurde: „POLYPTYCHONSZ“.
Nachdem HOWTOKILLAGRAFFITI 2019 aus Songzhuang in China, der größten Kunstkolonie im Tongzhou-Distrikt in Peking, in seine Heimatstadt Berlin zurückgekehrt ist, wo er sechs Jahre lang intensiv an der Praxis der Ölmalerei gearbeitet hat, präsentierte er 2021 seine erste Einzelausstellung „Figurenknäuelsz“ in der Retramp Gallery in Berlin. Für „POLYPTYCHONSZ“ konnte der Künstler durch die Residenz im großen Galerieraum vom Urban Spree größere Formate schaffen, denn die Formate sind ebenfalls ein wichtiges Anliegen des Künstlers für seine Malerei auf Leinwand, nachdem er über 15 Jahre auf Wände gemalt hat, eine Praxis, die er immer noch ausübt.
Mal figurativ, mal abstrakt oder beides zusammen, geht es in den Werken von HOWTOKILLAGRAFFITI nicht um die Darstellung des Realen, des Sichtbaren oder einer klaren Erzählung durch Farbe und Linien, sondern um die menschliche Existenz und den Ausdruck von Emotionen, die über den Intellekt gestellt werden. Der Maler arbeitet intuitiv und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Essenz seiner großformatigen „Graffmalerei“ auf Wänden im Freien auf die Leinwand zu bringen. Mit einer Mischtechnik schafft der Künstler eine einzigartige Bildsprache, die den Betrachter in eine poetische Welt des Surrealen und des Unbewussten entführt. Die eigene Fantasie des Betrachters wird angeregt, noch mehr im reichhaltigen Farbspiel zu entdecken. Das Auge sucht in den abstrakteren Bereichen hungrig nach mehr Gegenständlichkeit und findet hier und da noch geheimnisvolle Erscheinungen. Im Hintergrund entdeckt man architektonische Elemente, Ansätze von Landschaften und Horizonten, und vor allem Reste von Buchstaben seines Writernamen ARTS oder SUMER. Große Balken, Bögen, Pfeile, krallenartigen Spitzen, Schwänze und Sporen ragen aus dem Hintergrund oder von den Seiten hervor. Die farbigen Flächen und Formen darunter folgen noch einigen Linien der Buchstaben, geraden oder leicht gebogenen schwungvollen. In einigen seiner Arbeiten sind die Buchstaben als Grundgerüst der Komposition klar erkennbar, in anderen sind sie versteckt und lassen sich nur durch einige übrig gebliebene angerissenen Formen erahnen. Die Buchstaben seiner Pseudonyme sind in den meisten seiner Werke versteckt, aber die Materie selbst und das figurative Gewirr hat sie getötet, gesprengt, absorbiert oder überboten, der Maler zeigt uns bildlich mit Malerei „wie man ein Graffiti tötet“.
In seinen Atelierarbeiten mit Öl, Sprühlack und Kohle arbeitet HOWTOKILLAGRAFFITI trotz der Einschränkungen der Technik weiterhin intuitiv im Prozess der Fortbewegung wie bei seinen temporären Wandbildern im Freien, und dies mit einem malerischen Ansatz. Denn die Texturen, die Haptik, der Auftrag von Öl, Sprühlack und Kohle, die Strukturen, die Pinselstriche, Linien und Tropfen, die Farbe selbst prägen das Bild. Und durch die verschiedenen Schaffensphasen während des mehrwöchigen Malprozesses entsteht nach und nach eine ganze Szenerie, die nicht im Voraus geplant war. Kompositionen durch Schichten, die in ihrem Ausdruck schwer fassbar bleiben und keine Eindeutigkeit erzwingen, weil sie sich wie die Farbschichten und Lasuren als Brenngläser überlagern und wie in einem Kaleidoskop eine diffuse Erscheinung erzeugen. Ein Blick in die Ferne, der sich nah anfühlt. Aus der Ferne gesehen und doch seltsam nah. Es sind die Widersprüche und die Gleichzeitigkeit des Lebens, die den Bildern von Howtokillagraffiti inhärent sind und damit etwas über unsere Welt aussagen, auch wenn seine Bilder es vermeiden, aktuelle Ereignisse zu beschreiben. In einigen Arbeiten platziert der Maler nach einer gewissen Distanz zum Bild einen ironischen Kommentar in die Bildlandschaft. Nun mehr als Beobachter, Außenstehender und weniger als Schöpfer, fügt er ein erkennbares zeitbezogenes figuratives Element hinzu. Doch die Darstellung des Realen, der sichtbaren Welt, wie auch das bloße Erzählen durch Farbe interessiert den Künstler nicht wirklich. Ihm geht es um Emotion und Gefühl, die über dem Intellekt stehen. Und der Maler schafft es, Seelenzustände, Triebe, Ängste, Sehnsüchte, das Unbewusste und Surreale im Menschen anzudeuten und wie wir damit umgehen: mit einem Lächeln, einem Augenzwinkern oder mit Melancholie und Ernsthaftigkeit. So kann der erste Blick auf die großen Leinwände von Howtokillagraffiti Unbehagen, Desorientierung, Verwirrung hervorrufen. Seine Werke erfordern Zeit, die Augen müssen länger hinschauen, näher betrachten, die Oberfläche abtasten, um den Reichtum der verschiedenen Texturen zu genießen, die gesamte Komposition zu erfassen und in die reiche Bildsprache und üppige Bilderwelt jedes Kunstwerks einzutauchen, was man aktuell nur bei „POLYPTYCHONSZ“ erleben kann.
Im Rahmen der aktuellen Ausstellung schuf HOWTOKILLAGRAFFITI eine Wandmalerei an „The Wall“ im Urban Spree, zusammen mit der spanischen Malerin DAFNE Tree, die zu Besuch in Berlin war. Hier kombinierten sie ihre unterschiedlichen Motive – Figuren und Architektur – in einer ähnlichen Wandmalerei-Technik zu einer spielerischen, harmonischen Komposition.
„POLYPTYCHONSZ“
Einzelausstellung von HOWTOKILLAGRAFFITI
Vom 29.04.2022 bis 5.06.2022 Dienstag bis Freitag 14h – 19h Samstag & Sonntag 12h – 19h
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