Skip to main content

Rote Skulpturen in Berlin zum Mauerfall aufgetaucht

, by Bart Van Kersavond

Der in der Street Art-Szene bekannte französische Künstler James Colomina ist nach Berlin gekommen, um spontan zwei seiner zinnoberroten lebensgroßen Skulpturen zu installieren.

Eine Skulptur seiner Serie „die Kinder der Hoffnung“ wurde an der East Side Gallery installiert, die seit 2009 eine Gedenkstätte für die Berliner Mauer ist. In Erinnerung an den Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 klettert eine Skulptur eines 7-jährigen Mädchens namens Mandy mit ihrem Teddybären über die Mauer und flieht symbolisch auf die Westseite, in Richtung Freiheit, auf der Suche nach einer besseren Welt und dem Glück. Als Symbol für Freiheit, Offenheit, Unschuld und Spontaneität ist diese auf der ehemaligen Berliner Mauer installierte Skulptur ein kraftvolles Bild, das sicherlich in Erinnerung bleiben wird.



Doch eine Skulptur war James Colomina nicht genug, somit platzierte er eine zweite in der deutschen Hauptstadt, diesmal auf einen Brückenpfeiler der U-Bahnlinie U2. Sie stellt ein 10-jähriges sitzendes Kind dar, das eine Gasmaske trägt. Die Maske ist ein Verweis auf unsere heutige Gesellschaft, die manchmal bedrückend sein kann, erinnert an die aktuelle Corona-Krise, sowie an das Problem der Isolation und der Luftverschmutzung. Und die Stelle, dieser Pfeiler ohne Kapitell, ist wie für Colomina’s Skulptur geschaffen.



James Colomina ist ein französischer Bildhauer und Street Artist, der seine Skulpturen aus Kunstharz mehrfach in Paris, in seiner Heimatstadt Toulouse, in Barcelona, in der Schweiz sowie in den Vereinigten Staaten in San Francisco, Los Angeles und New York im Stadtraum hinterließ. Er zögert nicht, seine Werke auf oder vor Denkmälern zu platzieren, sie in eine Architektur zu integrieren, um den Raum zu besetzen und die Blicke der Passanten auf sich zu ziehen. Seine naturalistischen Skulpturen, die hauptsächlich aus Körperabgüssen bestehen, heben sich mit ihrer grellroten Farbe von der städtischen Landschaft ab und ziehen die Blicke der Passanten auf sich.



Im öffentlichen Raum platziert, um von allen gesehen zu werden, tragen die Werke des Künstlers stets Botschaften über die conditio humana. Der Street Artist erklärt die Entscheidung, vor allem Kinder darzustellen: „weil sie als erste von einer Tragödie betroffen sind und sensibilisieren die Gesellschaft für negative Situationen besonders. Mit der Darstellung von Kindern kann man viel vermitteln und jeder findet seine eigene Interpretation. Kinder stehen vor allem auch für die Zukunft, denn sie sind die zukünftigen Erwachsenen.“

Der Bildhauer gibt seinen Werken auf der Straße immer einen Titel. „L’enfant au bonnet d’âne“ (Das Kind in der Narrenkappe) ist eine wiederkehrende Skulptur. Er bezieht sich auf das Kind, das eine Narrenkappe trägt und im Klassenzimmer in die Ecke gestellt wurde, wenn es Fehler machte (eine alte französische Tradition). Es ist für den Künstler ein Symbol für die Ausgestoßenen, die aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Isoliert, beiseite gestellt, erklärt Colomina: „dieses Kind steht für Minderheiten, für diejenigen, die nicht in die Schubladen passen, und für Stigmatisierung im Allgemeinen“, wie zum Beispiel auch die Obdachlosen. Colomina besaß am ersten Tag des Winters 2020 die Kühnheit eine sitzende Skulptur des französischen Präsidenten Macron vor ein Zelt von Obdachlosen in Paris zu platzieren, um auf die Notlage der Bedürftigen aufmerksam zu machen.



Im Gedenken an die Opfer Explosionsunglück der Düngemittel-Fabrik AZF von Toulouse 2001 stellte James Colomina eines seiner „Kinder der Hoffnung“ auf dem Gelände in Toulouse im Jahre 2017 auf, um die Toten zu ehren. Eine weitere Skulptur in Paris in diesem Jahr, ein kleiner Junge mit schwerem Helm und Teddybär mit dem Namen „Les petits veilleurs“ (Die kleinen Wächter), prangert den Terrorismus an und würdigt dessen Opfer, wie z.B. die des Anschlags in Paris im Bataclan 2015.

Die skulpturalen Installationen von James Colomina sind immer improvisiert, ohne Genehmigung installiert, jedoch friedlich und niemals entwürdigend. Durch seine menschlichen Darstellungen spielen seine Werke bestimmte Lebensbedingungen an und appelliert die Betrachter. Sie werfen Fragen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft auf und hinterfragen gleichzeitig die Umstände des Menschseins heutzutage mit einer gewissen „korrosiven“ Poesie. Darüber hinaus bieten sie einen neuen Blick auf das städtische Umfeld, auf Architektur, denn die hinzugefügten Kunstwerke integrieren sich trotz Kontrast wunderbar an den vorher vom Künstler auserwählten Stellen und können ihren Effekt hier voll entfalten.

Hier in Berlin feiert Colomina mit der kleinen Mandy den Fall der Mauer vor 32 Jahren, huldigt die Freiheit und die Suche nach dem Glück, während er zeitgleich mit der Skulptur des Kindes mit der Gasmaske soziale, gesundheitliche und Umwelt-bedrohende Gefahren vergegenwärtigt.


James Colomina, Mandy, East Side Gallery Berlin, 2021 ©Kevin S

james-colomina.com
instagram.com/jamescolomina

Bart Van Kersavond
Founder URBANPRESENTS.net

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

zehn + zwanzig =